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Voerde: Nachhaltige Umgestaltung der Sportanlage „Am Tannenbusch“

Im nordrhein-westfälischen Voerde wird die Sportanlage „Am Tannenbusch“ seit mehreren Generationen von unterschiedlichen Gruppen genutzt. Eine Umstrukturierung und Sanierung hin zu einem nachhaltigen Sport- und Quartierszentrum bewirkte eine Attraktivierung des Standorts. Außerdem diente die Sportanlage als Pilotprojekt für die Weiterentwicklung des Kriterienkatalogs des Bewertungssystems „Nachhaltiges Bauen“ (BNB) des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) zur Zertifizierung in der Kategorie „Außenanlagen“.

Leaflet | Map data © OpenStreetMap contributors, CC-BY-SA, Imagery © Mapbox

Nachhaltiges Bauen

Sportaußenanlage

Soziales Engagement

Neustrukturierung

Genau betrachtet: Umbau der Sportanlage zum Sport- und Quartierszentrum im Sinne des Bewertungssystems „Nachhaltiges Bauen“ (BNB)

Die Idee: Vom Sportplatz zum Quartierszentrum  

Die Voerder Bevölkerung im Stadtteil Friedrichsfeld schätzt die vielfältigen sportlichen Angebote in der Kommune, z.B. der Sportvereinigung 08/29 Friedrichsfeld e. V., welche vor der Projektumsetzung an zwei verschiedenen Sportplätzen angeboten wurden. Erhebliche Distanzen zwischen den Anlagen und den Quartierseinrichtungen sowie deren schlechter Zustand hatten die Abwanderung von Vereinsmitgliedern zur Folge. Um die Attraktivität des Standorts zu steigern und zukunftsfähig zu halten, wurde ein inklusives und nachhaltiges Konzept zur Zusammenführung der Sportstätten entwickelt, das den Umbau der Sportanlage zum Sport- und Quartierszentrum Am Tannenbusch vorsah.

Schritt für Schritt: Maßnahmen für den klimaschonenden Umbau

Die Umgestaltung hin zu einem Sport- und Quartierszentrum erfolgte in mehreren Teilschritten. Dabei wurden bestehende Flächen modernisiert, andere verlagert und Ersatzneubauten errichtet. Neue Elemente, wie barrierearme Zugänge oder Lärmschutzwände, hielten auf dem Gelände Einzug. Dabei wurde darauf geachtet, die Umsetzung möglichst ressourcen- und klimaschonend zu gestalten. Mehrere Bürgerdialoge begleiteten den Verlauf der Sanierung, so dass die Bevölkerung in Voerde sich bei dem Projekt einbringen konnte.

Die einzelnen Maßnahmen im Überblick

Die bestehende Leichtathletikanlage wurde mit einem neuen Tartanbelag versehen, der Naturrasenplatz erneuert und eine energieeffizientere und umgebungsfreundliche LED-Flutlichtanlage installiert. Ein Brunnen ermöglicht die Bewässerung der Rasenfläche im Sommer.

Der im Westen platzierte Tennenplatz wurde mitsamt der Flutlichtanlage rückgebaut und parallel zur Wettkampfanlage mittig im Quartier in Form eines Kunstrasenplatzes neu errichtet. Dabei wurde auf die Verwendung von Mikroplastik verzichtet.

Das stark sanierungsbedürftige und nicht mehr zeitgemäße alte Umkleide- und Sanitärgebäude wurde zugunsten der Errichtung des Kunstrasenplatzes abgerissen und durch ein vielseitiges und barrierefreies Vereinsgebäude im südlichen Teil des Quartiers ersetzt. Anstelle der alten Nebengebäude finden sich nun Geräte- und Lagergaragen an unterschiedlichen Orten. Bei der Verwendung neuer Baustoffe wurde darauf geachtet, dass diese möglichst schadstofffrei sind.

Ein Vorplatz vor dem neu erbauten Vereinsgebäude soll die vielseitige Nutzung durch einen Kleinkinderspielbereich, einen Bouleplatz und Parcoursmöglichkeiten stärken. Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. Im Nordwesten der Sportanlage ist unter Einbeziehung des bereits vorhandenen Freiraum- und Baumbestandes ein Bewegungs- und Quartierspark mit Mehrgenerationenspielflächen geschaffen worden.

Bei der Umstrukturierung des Quartiers wurde auf Barrierefreiheit im Sinne der Inklusion verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen geachtet. Neben barrierefreien Zugängen und barrierefreier Nutzung des Vereinsgebäudes wurden Parkplätze für Personen mit Beeinträchtigung eingerichtet. Zusätzlich schuf man Anreize, die Sportstätten mithilfe klimafreundlicher Verkehrsmittel zu erreichen, z. B. in Form von Fahrradständern inkl. E-Bike-Ladestationen. Im Rahmen der Sportanlagensanierung wurde ebenfalls der Wall zwischen Kunstrasenplatz und Wettkampfanlage erneuert und ein erhöhter Zuschauerbereich mit barrierefreiem Zugang (Rampen) errichtet.

Bei der Neustrukturierung des Quartiers legte man großen Wert darauf, alte Baumbestände zu erhalten und vermehrt neue Bäume zu pflanzen sowie artenreiche Wiesen anzulegen. Viele Elemente der vorherigen Sportanlagen fanden weitere Verwendung, wie das Kassenhäuschen, Sitzbänke oder Lagermöglichkeiten. Vollständig versiegelte Flächen wurden, wenn möglich, vermieden. Somit bestehen 55 Prozent der Gesamtfläche aus Grünflächen. Eine Versickerungsrigole im Norden der Anlage nimmt das auf den versiegelten Flächen der Sportanlage anfallende, unbelastete Regenwasser auf und führt es dem Grundwasser wieder zu.

Ein integratives, inklusives und gesundheitspräventives Nutzungskonzept, das im Vorhinein in Zusammenarbeit mit den lokalen Sportvereinen erarbeitet wurde, verfolgt das Ziel, verschiedenste Bevölkerungsgruppen am neuen Quartierszentrum teilhaben zu lassen. Zusätzlich erfolgte eine Einbindung der Anwohnenden in den Prozess, die beispielsweise den Wunsch nach Lärmschutz einbrachten. Die Mitgliedszahlen der Vereine steigen seit dem Abschluss der Maßnahmen, unter anderem konnten aufgrund der neu geschaffenen Infrastruktur mittlerweile auch rein weibliche sowie gemischten Mannschaften von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gegründet werden.

Das Ergebnis: Ein Quartier mit Auszeichnung

Durch die Förderung im Rahmen des Bundesprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ kam auch das Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“ für Außenanlagen (BNB_AA) ins Spiel. Dieses begutachtet die Außenanlagen von Gebäuden auf Nachhaltigkeitsaspekte. Eine Herausforderung stellte hierbei dar, dass bis dato noch keine Außenanlage der Größe und Art durch dieses System tatsächlich bewertet und zertifiziert worden war, da die Kriterien ausschließlich auf Gebäude ausgelegt waren. Die Sportanlage „Am Tannenbusch“ diente somit als Vorreiter und Pilotprojekt, um Sportanlagen nach dem Bewertungssystem zu analysieren. Am Ende erhielt das Projekt die Auszeichnung in Silber und die Kategorie „Außenanlagen“ ist nun etablierter Bestandteil des BNB.

Die nachfolgende Bildergalerie zeigt Eindrücke aus Voerde nach der Sanierung.

Das Zertifikat „Nachhaltiges Bauen“ des BMWSB

Grundlegendes

Beim Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) handelt es sich um ein Planungs- und Bewertungsinstrument für in der Regel öffentliche Gebäude und ihr Umfeld. Dabei werden ökologische, ökonomische, soziokulturelle und technische Teilaspekte hinsichtlich ihrer Qualität begutachtet und gemessen. Das BNB betrachtet den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden und Außenanlagen und dient zudem als Qualitätssicherungsinstrument während der Planungs- und Bauphase. Eine Zertifizierung schließt den Bewertungsprozess ab.

Module und Varianten

Das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen liegt in drei Systemvarianten für die Nutzungstypologien Verwaltungsgebäude, Unterrichts- und Laborgebäude sowie für Außenanlagen vor. Grundsätzlich ist das System mittels einer sinngemäßen Anwendung auch auf andere Arten von Gebäuden anwendbar. Die Sportanlage „Am Tannenbusch“ in Voerde diente als Vorreiterprojekt für die Systemvariante Außenanlagen und lieferte damit einen Beitrag zur Überprüfung der Kriterieninhalte und -maßstäbe des BNB-Systems bezüglich ihrer Anwendbarkeit.

Abläufe

Die Kriterien des BNB bilden zusammen mit dem Leitfaden Nachhaltiges Bauen die Grundlage für die Festlegung eines Nachhaltigkeitszielbildes ab der Phase der Vorplanung des jeweiligen Bauvorhabens. Spezifische Vorgaben ermöglichen ein nachhaltiges Bauen von Anfang bis Ende unter Aufsicht sogenannter Nachhaltigkeitskoordinatoren, welche während des gesamten Ablaufs beratend zur Seite stehen. Alternativ kann das System auch auf Anlagen angewendet werden, welche erneuert oder wiederhergestellt werden (Modul Komplettmodernisierung). Es gibt drei Auszeichnungen (Bronze, Silber, Gold) als Qualitätsstufen für das Ergebnis, das durch eine Zertifizierung abgeschlossen wird.

Tipps aus Voerde für Nachahmer

  • Die Nachhaltigkeitszertifizierung erstreckt sich über einen längeren Zeitraum. Im Idealfall wird die BNB-Koordination von Anfang bis Ende in die Projektplanung eingebunden, sodass Alternativen oder Verbesserungsvorschläge frühzeitig erkannt und umgesetzt werden können.
  • Die BNB-Koordination arbeitet weitestgehend selbstständig. Protokolle, Daten, Gutachten, Ausschreibungen oder Planänderungen müssen ihr jedoch frei zur Verfügung gestellt werden.
  • Für den Bewertungsprozess sind diverse Unterlagen, wie schalltechnische Untersuchungen, Artenschutz-, Boden- und Entwässerungsuntersuchungen, Lichtimmissionsuntersuchungen (wg. Flutlicht) und andere Gutachten, relevant und sollten ab Projektstart direkt mitgedacht werden.
  • Die Nachhaltigkeitsbewertung ist kostenpflichtig, aber förderfähig.
  • Einige Bewertungskriterien können durch bestimmte Maßnahmen positiv beeinflusst werden, z. B. Sauberkeit der Baustelle, Baumschutz während der Baumaßnahmen etc.
  • In die Nachhaltigkeitsbewertung fließen verschiedene Kriterien ein, z. B. ob Abnahmen fristgerecht erfolgten und ob die künftigen Nutzergruppen, wie kommunale Vertreter oder Vereinsverantwortliche, mit eingebunden wurden.
  • Kontakt zur Kommune: Wenn auch Sie die Nachhaltigkeitsbewertung bei Ihrem Förderprojekt durchführen möchten, können Sie sich bei Rückfragen gerne an die Projektverantwortliche der Stadt Voerde Christine Krüger (Stadtentwicklung, Umwelt- und Klimaschutz) wenden: Tel.: 02855 80 447 / christine.krueger@voerde.de